Sonntag, 10. November 2013

Heiraten auf kamerunisch

Es ist Samstagmorgen und in der Luft liegt diese feierliche Stimmung, die immer vor großen Festen aufkommt. Wir machen uns schickt für die Hochzeit von unseren Nachbarn Avitus und Quinta. Rechtlich und traditionell sind die beiden schon seit 2 Jahren verheiratet, nun steht die kirchliche Hochzeit an. Traditionell heiratet man in Kamerun in seinem Heimatdorf, doch wir hatten leider noch nicht das Glück so eine Hochzeit zu besuchen.

Jetzt geht es erstmal auf zur Kirche, denn um 9 beginnt der Gottesdienst.


















Niclas wird den Chor mit seinem Saxophon unterstützen. Die ca 20 jungen Leute in ihren weißen Hemden und roten Röcken stehen an Keyboard, Trommeln und zum Singen bereit und warten darauf, dass die Braut die Kirche betritt.


Die großen Türen öffnen sich und der Chor beginnt zu singen. Die Prozession mit dem Brautpaar an der Spitze tanzt den Gang entlang zum Altar um dort diverse Gaben abzulegen. Mehrere Hühner werden in Körben gebracht.
Danach setzten sich alle und die Zeremonie beginnt.

Der eigentlichen Hochzeit ist Quintas Übertreten von der Presbyterianischen zur Katholischen Kirche vorangestellt. Jetzt steht der Heirat nichts mehr im Wege!
Als die beiden ihre Versprechen ablegen und die Ringe tauschen bin ich richtig gerührt. Alles ist sehr feierlich und die gesamte Kirche steht, während die beiden den Bund für´s Leben schließen. Die Stimmung wird aufgelockert von einem kleinen Patzer des Priesters: er spricht Avitus Namen falsch aus und der ganze Raum lacht.
Nachdem die Ringe getauscht sind, stielt sich Avitus einen kurzen Kuss von seiner Frau, was bei allen Gästen euphorisches Jubeln und Klatschen auslöst.


Nun, da Avitus und Quinta auch im kirchlichen Sinne Mann und Frau sind, verlassen alle unter Singen, Tanzen und Klatschen die Kirche.
Draußen werden auf den Treppen vor der Kirche viele Fotos gemacht.


Das Brautpaar mit der kleinen Tocher Tracy.

Auf diesem Fotos sieht sind die Eltern von Quinta zu sehen. Ihr Vater ist der Chef seines Dorfes und so typisch für die Nord-West-Region Kameruns, wie niemand sonst, den wir bis jetzt getroffen haben. Das Auffälligste an ihm ist natürlich das traditionelle Gewand aus einem samtigen Stoff. Auf seiner Tasche, die nur für Männer gedacht ist, ist ein traditionelles Glockeninstrument abgegildet. Auch seine Kappe, eine "county cap" ist typisch für einen nord-west-kamerunischen Village Boss.
Unter seinem Gewand trägt er schwarze Lackschuhe mit grauen, hochgezogenen Socken :D

Die Rede, die er zu Eheren des Brautpaares später hält, beginnt er mit den Worten:

"Also zu erstmal muss ich eins sagen: Ich lebe polygam. Quinta ist die Tocher meiner zweiten Frau und..."

Wir sind etwas irritiert, dass er sowas auf der Hochzeit seiner Tocher betont, doch Polygamie gehört nun mal zur kamerunischen Tradition. Die "Fons", also die regionalen Chefs (man könnte es auch mit Fürst übersetzten), haben teilweise 40 Frauen mit unzähligen Kindern, weil jeder Fon die Frauen seines Vaters "erbt" und für sie sorgen muss.



Die Eltern von Avitius stehen typisch für eine dörfliche kamerunische Familie. Sie betreiben eine relativ große Farm in den infrastuckturell überhaupt nicht erschlossenen Gebieten rund um Bamenda. Die Mutter trägt das typisch kamerunische Kleidungsstück "Kabba" in einer sehr festlichen Ausführung.


Dieses Foto zeigt uns mit unseren Nachbarn, die unsere Lieblingsbar auf der anderen Straßenseite betreiben. Kajetan hat Biologie studiert und arbeiet dreimal die Woche als Lehrer, doch da das nicht zum Leben reicht, wenn man drei kleine Kinder hat, machten die beiden eine kleine Bar auf.

Leider habe ich noch kein so schickes kamerunisches Kleid wie Nora und Caro, sondern nur ein knallbuntes "Kabba", doch das war leider nicht fein genug für eine Hochzeit.

Nach den Fotos gehen alle in eine Festhalle neben der Kirche wo ein buntes Programm aus Reden von den Eltern, Tanzen und Singen auf uns wartet. Zum Schluss wird feierlich die Hochzeitstorte angeschnitten. Etwas verwundert sind wir über das Plastikbrautpaar auf der Torte, das wie ihr sehen könnt weiß ist, aber da die Torte lecker schmeckt, macht sich keiner darüber Gedanken.


Im Anschluss wird gegessen. Das Buffet ist riesig und es gibt alle erdenklichen kamerunischen Speisen: Fufu Corn (ein Kloß aus Maisbrei) mit NJama NJama (spinatartiges Gemüse), Achu (Yamsbrei (Yams sind so ähnlich wie Kartoffeln) gemischt mit Kangwa-Bananabrei) mit roter Sauce (Bananenschalen werden in Öl gekocht, so wird die Sauce rot) und Rinderhaut (überhaupt nicht meins! Ihh! ), Jellof Rice (Reis mit Gemüse) und Kochbananen mit N´Dole (Paste aus bitteren Blättern und Erdnüssen).

Eine Weile halten wir uns noch in der Halle und auf dem Vorplatz auf, reden mit Gästen, machen Fotos oder spielen mit der kleinen Tracy.


Gegen Abend macht sie die Hochzeitsgesellschaft auf zum Haus der frisch getrauten, um dort noch ein paar gesellige Stunden zu verbrigen. Wir sitzen im Wohnzimmer und Innenhof, lernen viele Freunde des Brautpaares kennen und trinken mit ihnen White Mimbo (Palmwein: schmeckt für mich ein wenig nach vergorenen Früchten), Sha (Maisbier: schmeckt nach diesen kleinen, süßen Maiskölbchen aus der Dose) und kamerunisches Bier.

Der richtige Kameruner trinkt seinen White Mimbo natürlich aus einem Horn, wie unser Barkeeper Kajetan hier unten (zweiter von rechts).


Zum Schluss bekomme ich dann noch ein Foto mit der Braut und ihrem Vater, dem Village Boss.
So klingt ein eindrucksvoller, lustiger und seeehr kamerunischer Tag langsam aus.


Kum Lei Mar nach Deutschland!