Samstag, 29. März 2014

Der ganz normale Wahnsinn (Teil 1)

Alle bisheringen Einträge in diesem Blog handeln von unseren Ausflügen auf Vulkane oder zu Wasserfällen, an Traumstrände oder in die wunderschöne Wildnis Kameruns.

Aber was machen die vier Chaoten aus Bamenda eigentlich unter der Woche?


Der ganz normale Wahnsinn eines Freiwilligen-Alltags:


5.30 Uhr: Aufstehen
Der Tag beginnt früh in der Freiwilligen-WG von Nora, Caro, Niclas und Annelie. Wir genehmigen uns ein kleines Frühstück, Brot mit Marmelade und einen Kaffee. Damit bleiben wir unseren Gewohnheiten aus Deutschland treu. Ein Kameruner würde am Abend etwas mehr kochen und den Rest am Morgen frühstücken. Ob scharf, fettig oder fischig: In Kamerun geht alles das zum Frühstück. 

6.30: Weg zur Arbeit



Wir machen uns auf dem Weg unsere Straße hinunter. Die New Road hat ungewöhnlicher Weise keine Schlaglöcher und sogar einen Gehweg. Das liegt daran, dass sie, wie der geistreiche Name schon sagt, noch ziemlich neu ist. 

Nach kurzer Zeit biegen wir ab und nehmen eine Abkürzung durch das Stadtviertel Bayelle, um nicht an der chaotischen Hauptstraße entlanggehen zu müssen.



In der Trockenzeit, wenn es drei Monate nicht geregnet hat, wirbelt man auf dieser Straße mit jedem Schritt roten Staub auf. Fährt ein Auto an einem vorbei, bleibt man besser kurz stehen, denn durch die dem Fahrzeug folgende Staubwolke kann man nicht einmal mehr den Boden erkennen.
In der Regenzeit dagegen, wenn es den ganzen Tag ohne unterlass regnet, verwandelt sich diese abschüssige Straße in eine Matschpiste, auf der man leicht ausrutschen und sich komplett einsauen kann. Dann heißt es umdrehen und Zuhause umziehen, denn bei der Arbeit wird viel Werd auf gepflegtes Aussehen gelegt.

Nach einiger Zeit erreichen wir eine kleine Brücke.



Unter der Brücke an den Ufern des kleinen Flusses türmen sich bestialisch stinkende Müllberge auf. Da es in Bamenda keine zentral geregelte Müllabfuhr gibt, müssen die Menschen selber sehn, wie sie ihren Müll loswerden. Viele verbrennen ihren Müll im Garten, andere schmeißen ihn auf eine dieser öffentlichen inoffiziellen Müllhalden.

Wir lassen den Gestank hinter uns und biegen noch um zwei Ecken immer begleitet von den Rufen der Schulkinder, die uns entgegenkommen: "Whiteman, Whiteman!"
Manche schreichen im vorbeigehen mit ihren kleinen Händen unsere Beine, weil sie unbedingt mal einen Weißen anfassen wollen.


Weiter geht´s und schon haben wir den Markt des Stadtteils "Nkwen" erreicht. Diese Etappe ist immer recht anstrengend, da um den Nkwen-Markt herum oft zwielichtige Gestalten lungern. Es dauert nicht lang bis uns alle Leute hier entdeckt haben. Ein junger Mann starrt uns an, und ruft uns dann im Vorbeigehen hinterher.

Den folgenden typischen Dialog bestreitet man als weißes Mädchen in dieser Stadt mehrmals die Woche und es ist immer das selbe.
Ich werde ihn einmal im Original auf Englisch (an den Akzent angepasst) und einmal auf Deutsch aufschreiben:

Typ: "He, good moning!"
Ich: "Good morning." Versuche einfach weiter zu gehen.
Typ: "Please, sister, can you excuse me small?"
Ich: "There is no time. I´m going to work."
Typ: "My name is Jeremy."
Was ich denke: "Na toll, das wird länger dauern..."
Was ich sage: "Ok, nice to meet you." Dabei versuche ich so teilnahmslos wie möglich zu klingen. Vielleicht verliert er ja die Lust. Hat aber noch nie geklappt bis jetzt... 
Typ: "Can I know your own name?"
Ich: "Ann." Keine Lust meinen ganzen Namen preis zu geben.
Typ:"Hehm??"
Ich: lauter "Ann."
Typ: "Ann, ok, ok. Very nice."
Pause. Wir gehen nebeneinander her.
Typ: "So, I really want to have a white friend, you know?"
Ich: "Aha, well, it´s difficult to just meet somebody in the streets and become friends, not so?"
Typ: "Yes, yes. So, I thougt we can meet again and get to know each other."
Ich: immer noch teilnahmslos "Hmm, well, I don´t know... There is not much time..."
Typ: "A sey, you can give me your number, so I can call you."
Ich: "Hm, or you give me your´s, so that I can call." Um natürlich niemals anzurufen.
Typ: "But, will you call me?"
Ich: druckse herum...sage dann "Just write your number here." Und gebe ihm irgendein Stück Papier aus meinem Beutel und einen Stift.
Er kritzelt im Gehen seine Nummer auf das Papier.
Typ: "So, I´m waiting for your call."
Ich: "Yes. Ok. Have a nice day, ja? I have to work now."
Typ: "Thank you, Sister. Shortly!"
Ich gehe schnell weiter und denke: "Ja, geschafft!" :)
Danach kann ich immer nur hoffen, dass ich diesem Menschen nicht wieder über den Weg laufe. Das ist nämlich auch schon passiert und dann sind sie richtig beleidigt...

Endlich kommen wir nach 30 Minuten Fußweg bei der Cameroon Baptist Convention an.
Auf in die allseits beliebte *hust**hust* Morgenandacht, ein kleiner Gottesdienst, der jeden Morgen eine Stunde gehalten wird. Es herrscht Anwesenheitspflicht.


Jetzt kann der Tag beginnen!